Die Konstruktion des Tourismus im alpinen Raum. Architekturen, Landschaften und Praktiken in Transformation
Sommersemester, April — Juni 2024 Verantwortliche: Gerhard Glüher, Waltraud Kofler Engl, Gaia Piccarolo, Simone Westermann
Mit freundlicher Unterstützungder Architekturstiftung Südtirol
Von seiner Entstehung im 18. Jahrhundert bis heute hat der Alpentourismus wesentlich zur großflächigen Wandlung der alpinen Landschaft in ein technologisiertes und infrastrukturell breit erschlossenes Gebiet beigetragen, das die Assoziation zu einer urbanisierten Landschaft weckt. Ziel dieser Vortragsreihe ist es, die Entwicklung einiger Prozesse dieser 'Touristisierung' der Alpen nachzuzeichnen und zu umschreiben, auf welche Weise diese die Alpenlandschaften geprägt haben und weiterhin prägen. Aufgezeigt werden unter anderem die Beziehungen und Überschneidungen zwischen kulturellen Praktiken und materiellem Erbe sowie zwischen realen Veränderungen und symbolischen Darstellungen im Zusammenhang mit der touristischen Aneignung des Alpenraums. Nicht zuletzt fokussieren die Vorträge auf den historischen Prozessen und zeitgenössischen Herausforderungen zwischen dem massiv zunehmenden Alpentourismus und ökologischen sowie umweltpolitischen Gesichtspunkten, die das Bestreben nach einer nachhaltigeren Zukunft des Tourismus unumgänglich machen.
Akkreditierte Veranstaltungen der Kammer der Architekten. RLD: 2 BFC für Architekten
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Programm
03.04.2024 18.00—20.00, DE UNIBZ, F0.01, 2 BFC
Vom Elite- zum Massentourismus in Südtirol
Paul Rösch
CV
Geboren 1954 in Meran. Nach dem Studium der Volkskunde und Geschichte an der Universität Innsbruck war er Geschäftsführer des Tiroler Landesinstituts in Bozen mit der Aufgabe der Organisation von grenzüberschreitenden Kulturprojekten. 21 Jahre lang führte er als ehrenamtlicher Präsident die Volkshochschule Urania in Meran. Federführend war er an der Konzeption und dem Aufbau des Landesmuseums für Tourismus (Touriseum) in Meran beteiligt, stand dem Museum als Direktor vor und hat eine Reihe von Publikationen zur Volkskunde und Tourismusgeschichte verfasst. Von 2015 bis 2020 war er Bürgermeister der Stadt Meran.
Tourismus ist ein höchstsensibles Thema, das ein enormes Potential hat, Menschen und Landschaften in allen möglichen Facetten zu beeinflussen und zu verändern. Weit davon entfernt, nur ein rein wirtschaftliches Phänomen zu sein, mischt Tourismus in den unterschiedlichsten Bereichen des menschlichen Lebens mit, ist Teil der globalen Entwicklungen und beeinflusst u.a. auch das politische Geschehen. Südtirol hat im Besonderen in den 1960 und 1970er eine überaus rasante Entwicklung erlebt. All diesen für Südtirol so wegweisenden Phänomenen wird nachgespürt, um Gegenwärtiges besser analysieren zu können.
Lenhart, Grandhotel "Emma", Südtiroler Landesmuseum für Tourismus
Lenhart, Grandhotel "Emma", Südtiroler Landesmuseum für Tourismus
11.04.2024 18.00—20.00, DE, UNIBZ, F0.01, 2 BFC
Berghotels 1890–1930. Das baukulturelle Erbe des Südtiroler Tourismus aus historisch-/architekturhistorischer Perspektive
Bettina Schlorhaufer
CV
Bettina Schlorhaufer, Kunsthistorikerin, Architekturhistorikerin und Kuratorin. Studium der Kunstgeschichte und Geschichte an der Leopold-Franzens Universität Innsbruck (LFU), 1988 Doktorat mit Auszeichnung. 1989/1990 PostDoc-Studium am Institut Supérieur de Management Culturel ISMC (Paris), Diplom 1990 mit einem Konzept für ein Musée Nina Ricci Nina-Ricci-Parfumfabrik in Ury/Fontainebleau. Tätigkeit als Wissenschaftlerin, im Bereich Kunst- und Kulturmanagement und als Kuratorin. Parallel dazu "Ausflüge" in den Bereich zeitgenössischer Musik (u.a. Idee und Projektleitung: Philip Glass "Tirol Concerto for Piano and Orchestra" und Erkki-Sven Tüür’s "Oxymoron/Music for Tirol", beide Stücke uraufgeführt beim Klangspuren-Festival). 2005 bis 2007 Kuratorin der Galerie im Museum Rabalderhaus, Schwaz/Tirol.
Seit 2009 Assistentin am Institut für Architekturtheorie und Baugeschichte, Arbeitsbereich Architekturtheorie der LFU. 2011 Habilitation. 2018 bis 2023 Lehraufträge an der Fachhochschule Kärnten. Aktuell leitet sie das Institut für Architekturtheorie und Baugeschichte der LFU.
Aktuelles Forschungsprojekt: The Architectural Office of the Ludwig Brothers (Munich-Bolzano-Vienna). Buildings and Projects between Wagner-School, Eclecticism and Early Modernism (gefördert von Research Südtirol 2022, in Zusammenarbeit mit dem Touriseum – Südtiroler Landesmuseum für Tourismus/Betrieb Südtiroler Landesmuseen).
Um 1900 wurde das Hotel als "eine Synthese von Klinik, Wagon-lits und Maschine" bezeichnet – ein Leitmotiv, das sich durch die Untersuchungen von Bettina Schlorhaufer über den Hotelbau in den Berggebieten Südtirols, Nordtirols und des Trentinos zieht.
Im Kern befasste sich die Architekturhistorikerin mit Projekten, die zwischen 1890 und 1930 entstanden. Ihre Analysen führten sie aber auch zurück in die lange Geschichte des Hotelbaus, wo sie entlang der Entwicklung des Tourismus als Massenphänomen ab ca. 1800 die Herkunft des Bautyps Hotel aus frühen Formen der systematischen Beherbergung wie dem Hospital und dem Kurhaus nachzeichnete. Zu ihren Forschungsergebnisses gehört der Nachweis, dass selbst in Südtirol die frühe Architekturproduktion von Hotels auf der Basis innovativer Entwurfsmethoden in Serie bzw. anhand von Modulprogrammen erfolgte – ein methodischer Ansatz, der für den Hotelbau in den Bergregionen mit einem gestalterischen Ziel verbunden wurde. Dieser zeugt von der kulturellen Situation in Südtirol weit vor dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs, wo mit der Realisierung von Berghotels u.a. auch dem politischen Motiv der Raumbeanspruchung Rechnung getragen wurde. Die "Alpenhäuser" sollten zugleich regional und wie Bollwerke des Deutschtums in den Gebirgen wirken. Vor den Bergkulissen Südtirols platziert, vermittelten sie sich als politische Embleme und in bereits bestehende lokale Sehgewohnheiten integriert.
Das Forschungsprojekt wurde mit Mitteln des Touriseums – Südtiroler Landesmuseum für Tourismus/Betrieb Südtiroler Landesmuseen finanziert.
Il processo di costruzione delle Alpi e le differenti fasi del turismo
Antonio De Rossi
CV
Antonio De Rossi, Architekt und PhD, ist ordentlicher Professor für Architekturdesign und Direktor der internationalen Zeitschrift "ArchAlp" am Politecnico Turin. Zwischen 2005 und 2014 war er stellvertretender Direktor des Urban Center Metropolitano in Turin. Er hat mehrere architektonische Bauten und Sanierungsprojekte im Alpenraum realisiert, die mit Preisen und Anerkennungen ausgezeichnet wurden. Er ist Herausgeber des Sammelbandes Riabitare l'Italia (Donzelli 2018), seine beide Bände La costruzione delle Alpi (Donzelli, 2014 und 2016) haben die Preise Mario Rigoni Stern und Acqui Storia erhalten.
Abstract
Der Beitrag zieht Parallelen zwischen der fortschreitenden Erforschung, Eroberung und Domestizierung des alpinen Raums und den Prozessen der touristischen Aufwertung der Berge und untersucht deren Phasen, Periodisierungen, Imaginationen und Konzeptualisierungen. Eine Geschichte, die am Ende des 18. Jahrhunderts beginnt und bis in die Gegenwart reicht.
F. Lenhart, Sestriere. Ebbrezza della velocità, manifesto, 1936. In Torino e lo sport. Storie, luoghi, immagini, Archivio storico della città di Torino, Torino 2005.
F. Lenhart, Sestriere. Ebbrezza della velocità, manifesto, 1936. In Torino e lo sport. Storie, luoghi, immagini, Archivio storico della città di Torino, Torino 2005.
09.05.2024 18:00—20:00, IT, UNIBZ, F0.01, 2 CFU
I paesaggi del turismo. Una ricognizione di architettura nel contesto alpino (da Carlo Mollino a Gio Ponti)
Luciano Bolzoni
CV
Luciano Bolzoni ist Architekt, Schriftsteller und Kunstkurator. Seine Leidenschaft gilt der Rockmusik, den Bergen, der Architektur und den Flughäfen, also der Welt, in der er seinen Beruf als Architekt-Organisator mit seiner Berufung als Organisator von kulturellen Veranstaltungen verbinden kann. Er ist Mitbegründer und Leiter der Mailänder Kulturwerkstätten Alpes und Articon. Er hat zahlreiche Bücher und Artikel veröffentlicht, zuletzt über Architektur und Infrastruktur: Destinazione Paradiso. Lo Sporthotel della Val Martello di Gio Ponti (2015), Carlo Mollino Architetto (2019), La vita degli aeroporti (2024). Er hat am Europäischen Institut für Design und am Polytechnikum Mailand unterrichtet.
Abstract
Der „Geo-Poet“ Davide Sapienza sagt uns, dass „dort oben alles offensichtlich ist“, was darauf hinweist, dass die Architektur in der alpinen Landschaft ein mehr als offensichtlicher Faktor ist. Die Erzählungen und die Geschichte der italienischen Architektur sind reich an Zeugnissen des so genannten „kurzen Jahrhunderts“, einer Zeit, die es erlaubt, die verschiedenen Ansätze zur Gestaltung der Berglandschaft zu bewerten. Für die Moderne stellt der alpine Kontext ein Versuchslabor dar, ein wahres Protokoll, das den Weg zusammenfasst, den zuerst die Wasserkraftindustrie und dann die Tourismusunternehmer in der Auseinandersetzung mit den verschiedenen Planungsthemen eingeschlagen haben. Die aus dem neuen Urlaubsverhalten resultierende Nachfrage nach Unterkünften hat in den Berggebieten zur Entstehung und Entwicklung völlig neuer architektonischer Bereiche geführt: Landhäuser, Hotels, Berghütten, Eigentumswohnungen, aber auch Autoparkplätze und schließlich die Skiinfrastrukturen; kleine Orte, die mittlerweile zu Städten des Skitourismus geworden sind: Cervinia, Cortina d'Ampezzo, Bormio, Madesimo, Courmayeur und andere. Viele architektonische und städtebauliche Tendenzen und Erfahrungen können als Beispiele für die Grenzen und Möglichkeiten der damaligen Planung dienen: der Masterplan für Ivrea und das Aostatal, das Projekt des Sporthotels Val Martello von Gio Ponti, die Skistädte von Carlo Mollino und die Wasserkraftwerke. Jedes Projekt und jeder Planer haben sich unauslöschlich in den alpinen Kontext eingeschrieben und eine neue Ebene hinzugefügt, die auf die Bedürfnisse von Urlaub und Tourismus ausgerichtet ist. Die lokalen Bautraditionen wurden zum Dreh- und Angelpunkt, auf die sich die oben erwähnten Tendenzen zur Neuerfindung des touristischen Wohnens in den Bergen stützten; die zahlreichen Zeugnisse der Identität der verschiedenen Orte und der Sinn für die historische Bauweise verbanden sich mit den städtebaulichen Fähigkeiten und Visionen, die notwendig waren, um der touristischen Landschaft ein Gesicht zu geben.
Carlo Mollino, La Casa del Sole di Cervinia. Foto di Giulia Sarno
Carlo Mollino, La Casa del Sole di Cervinia. Foto di Giulia Sarno
Val d'Hérens (CH) 1900-2000. Una storia di progetti turistici mancati
Caterina Franco
CV
Caterina Franco ist Architektin. Sie promovierte 2019 mit einer Arbeit mit dem Titel Dans le lieu et dans le temps. Pour une histoire environnementale des infrastructures touristiques des Alpes franco-italiennes (1945-1975) am Labor Métiers de l'Histoire de l'Architecture, de l'Ecole Nationale Supérieure d'Architecture de Grenoble (ENSAG - Université Grenoble Alpes), in Cotutela mit der Abteilung Architecture Built environment and Construction (ABC) des Politecnico di Milano. Derzeit forscht sie als Postdoktorand am Institut de Geographie et Durabilité (IGD) und am Centre Interdisciplinaire de Recherche sur la Montagne (CIRM) der Universität Lausanne, wo sie ihre Studien zur Geschichte der tourismusbedingten Veränderungen alpiner Gebiete fortsetzt (2021-2024).
Abstract
Das Val d’Hérens im Rhonetal in der Nähe der Walliser Kantonshauptstadt Sitten ist Gegenstand eines interdisziplinären und partizipativen Forschungsprojekts des Centre Interdisciplinaire de Recherche sur la Montagne (CIRM) der Universität von Lausanne. Der Vortrag stellt die Ergebnisse einiger Analysen vor, die in Zusammenarbeit mit Anouk Anouk Bonnemains (Geografin, Universität Lausanne) und Marjolaine Gros-Balthazar (Geografin, Universität Grenoble-Alpes) durchgeführt wurden, um die Entwicklung des Tourismus im Tal während des letzten Jahrhunderts zu rekonstruieren. Eine Reihe von unvollendeten oder nie realisierten Projekten - eine Bergbahn (1908-1918), mehrere Skigebiete (1975-1985), ein regionaler Naturpark (1990-2010) - erzählen die Geschichte von verpassten Übergängen und beleuchten in einem diachronen Ansatz einige problematische Ansätze der touristischen Entwicklung in den Berggebieten und ihrer Evolution: die Beziehungen zwischen lokalen und externen Akteuren, die involvierten Ressourcen und ihre Herkunft, die Spannungen zwischen Planung und Landschaftsschutz.
Val d'Hèrens (CH)
Val d'Hèrens (CH)
23.05.2024 18.00-20.00, DE, UNIBZ, F0.01, 2 BFC
Von der Landschaft zur Destination. Formen touristischen Impacts des Tourismus in Südtirol 1990–2023.
Hans Heiss
CV
geb. 1952 in Brixen, Studium der Geschichte / Germanistik in Innsbruck, Promotion 1986, Habilitation in Neuerer Geschichte und Zeitgeschichte 2001. Aufbau und Leitung des Stadtarchivs Brixen 1982-1993, Mitarbeiter am Südtiroler Landesarchiv 1994-2003, 2003-2018 Landtagsabgeordneter für die Grünen/Verdi/Verc. Arbeitsfelder: Geschichte von Stadt und Bürgertum, Tourismus- und Regionale Zeitgeschichte. Lehrbeauftragter an der Universität Innsbruck.
Abstract
Südtirols Landschaft besticht durch Vielfalt und Formenreichtum. Ihre geologischen Grundlagen, die unterschiedlichen Gelände- und Anstiegsstufen, von der Talsohle über Terrassen und Moränenhügel, ansteigend über Mittelgebirge hin zu alpinen Räumen und Hochlagen, wecken bis heute Faszination. Ihre oft filigrane Prägung und Differenzierung von Siedlungs- und Gebirgsräumen macht einen besonderen Reiz aus, der die Region auch dank der Vegetation von anderen unterscheidet. Tourismus hat die Landschaftsqualitäten Südtirols in Vergangenheit oft vorteilhaft akzentuiert, durch sensible Platzierung und Bauformen, die sich in Hotel- und Villenbauten oder Infrastrukturen äußern, aber auch in der Gestaltung von Ortsbildern und Quartieren. Die touristische Entwicklung der jüngsten Jahrzehnte nutzt zwar weiterhin die Landschaftsvoraussetzungen, hat aber das Gespür für ihr räumliches Flair, das Ambiente und die Ensemble-Anordnung zunehmend eingebüßt. Die Zunahme touristischer Bauten, von Hotels, Nebengebäuden und Infrastrukturen, zudem beschleunigte Investitionsrhythmen haben Landschaft überformt, funktionalisiert und ihr eine Sekundärrolle zugewiesen. Die Aufmerksamkeit für diese Entwicklung ist zwar öffentlich spürbar; sie wird von Verbänden und Einzelpersonen beobachtet und kritisiert, sie ist aber kaum Gegenstand politischer Bewertung und zielgerichteten Verwaltungshandelns. Die nüchterne Bewertung dieser Entwicklung im alpinen Kontext ist Gegenstand des Vortrags.
"Feuerstein" in Pflersch im Bau um 2018. Foto Hans Heiss
"Feuerstein" in Pflersch im Bau um 2018. Foto Hans Heiss
30.05.2024 18.00-20.00, DE, UNIBZ, F0.01, 2 BFC
Digitale Beute, oder wie die Fotolocation die Landschaft verändert
Nicht erst seit der Verbreitung der Fotografie gibt es das Phänomen, dass Plätze und Orte gesucht werden, die besonders einmalige, schöne, malerische und erhabene Blicke auf Landschaften und Szenen ermöglichen. Diese Aussichtspunkte sind die Garanten für Bilder, welche als attraktiv bewertet werden und somit hohe und lange Aufmerksamkeit an sich und gleichzeitig an den/die Urheber*in der Bilder bindet. Waren es früher Graphikmappen, Diaabende und Ausstellungen, so sind heute die "likes" der digitalen Netze die Vehikel, welche die soziale Stellung innerhalb der Community steuern. Daher gilt die Sammelwut der attraktiven "locations" als probates Mittel, um ins Gespräch zu kommen, Anerkennung und Neid zu befeuern, also eine hohe Stellung zu erzielen. Die besonderen Ort mussten vor dem Massentourismus und der massenhaften Fotografie oft mühsam erreicht werden, doch heute sind diese Orte durch Infrastrukturen von allen einfach zu erreichen oder es werden solche eigens gebaut und somit die Landschaft erheblich geschädigt oder zerstört. Sie werden für den Moment des Fotos geschaffen, nicht mehr für den Genuss der Natur. Soll man verbieten, dass die Natur zur Kulisse wird? Warum ist es überhaupt notwendig, dort zu sein, um das Foto zu machen, was ist der Wert der digitalen fotografischen Beute? Die ursprüngliche Lamdschaft ist schon verschwunden, das digitale Foto bleibt ein paar Wochen, was kommt nach der Fotografie?
Ritten. Eine Sommerfrische-Landschaft seit dem 16. Jahrhundert. Geführte Exkursion.
Waltraud Kofler Engl
Programm:
- 9:00–9:10 Uhr Treffpunkt an der Bergstation der Seilbahn Bozen – Ritten
- Einführung in das Thema und in die Entwicklung der Tourismuslandschaft Ritten (Waltraud Kofler Engl)
- Wanderung nach Maria Himmelfahrt
-Führung durch den Schießstand mit Graf Ulrich von Toggenburg
- Gespräch Waltraud Kofler Engl mit Graf Ulrich von Toggenburg zur Sommerfrische-Kultur in Maria Himmelfahrt
- Rundgang in Maria Himmelfahrt (Pfarrkirche zu Mariä Himmelfahrt, Sommerfrischhaus-Typologien, gestaltete Landschaft)
- 13:45 Uhr Ende der Veranstaltung
-Individuelle Rückkehr zur Seilbahnstation oder nach Bozen
Gutes Schuhwerk, Wanderausrüstung und ev. Regenschutz erforderlich. Die Exkursion findet bei jeder Witterung statt.
Abstract
Die Sommerfrische am Ritten gilt als eine der acht Bozner Seligkeiten und hat ihre Ursprünge im 16. Jahrhundert; für Klobenstein sind im Umfeld der Deutschordenskommende sog. "Frischehäuser" belegt, in die der Bozner Adel und das Bürgertum der sommerlichen Hitze entfliehen konnte. Um die Mitte des 17. Jahrhunderts entwickelte sich das heutige Maria Himmelfahrt in Oberbozen aufgrund der aussichtsreichen landschaftlichen Lage, dem Bau von Sommerfrischhäusern, eines Schießstandes und der Kirche zur Maria Himmelfahrt zur "ersten Tourismuslandschaft" in der Gegend von Bozen. Später kamen eine Kegelbahn, der heutige Schießstand in Form eines oktogonalen Pavillons (1777), ein Aussichtspavillion, (Menz'sche Gloriette 1801), das "Monumentl" und eine Allee hinzu.
Die Häuser der Bozner Handelsfamilien und Adeligen folgten zwar der Typologie des gemauerten Bauernhauses mit Walmdach, sind jedoch mit Elementen der adeligen Wohnkultur des Barock und des Klassizismus ausgestattet.
Die Errichtung der Zahnradbahn vom Bozner Waltherplatz nach Maria Himmelfahrt und weiter bis nach Oberbozen, Lichtenstern und Klobenstein im Jahre 1907, gefolgt von einer Seilschwebebahn und der heutigen Umlaufbahn, erschloss den Ritten für einen weitaus intensiveren Tourismus.
CV
Waltraud Kofler Engl studierte an den Universitäten Innsbruck und Florenz Kunstgeschichte und Geschichte und promovierte 1985/86. Von 1986 bis 2018 am Landesdenkmalamt der Autonomen Provinz Bozen/Südtirol, seit 1995 als Leiterin des Amtes für Bau- und Kunstdenkmäler und war bis 2007 als stellvertretende Landeskonservatorin tätig. In dieser Zeit beschäftigte sie sich nicht nur intensiv mit Themen der Restaurierung, Konservierung und der Umnutzung von Bau- und Kunstdenkmälern, sondern ebenso mit Fragen der Kulturerbe-Bildung und Vermittlung in Form von Tagungen, Vorträgen, Führungen, Radiosendungen und Publikationen. Seit 2018 leitet sie die neu gegründete Plattform Kulturerbe und Kulturproduktion an der Fakultät für Design und Künste der Freien Universität Bozen. Vortrags,- Forschungs- und Publikationstätigkeit zur Geschichte, Rezeption und Restaurierung von Bau- und Kunstwerken Südtirols, zu historischen Gärten, der Architektur und Kunst der Zwischenkriegszeit in Bozen, Zeugnissen des Ersten Weltkriegs und der Militarisierung der Landschaft (Ortler- und Dolomitenfront, Bunker, Vallo Alpino) sowie zum unbequemen und dissonanten Kulturerbe. Mitglied des Arbeitskreises für Theorie und Lehre der Denkmalpflege Deutschland und von ICOMOS Deutschland. 2022 Gastprofessorin am Institut für Baugeschichte und Denkmalpflege der Fakultät für Architektur der Universität Innsbruck.