04.09.22 Exkursion auf das Drei Zinnen Plateau

Nach der internationalen Tagung in Sexten am 2. und 3. gab es für Teilnehmer und Interessierte die Möglichkeit, einige der wichtigen Schauplätze der Frontlinien des Ersten Weltkrieges am Drei-Zinnen Plateau zu begehen und in direkter Anschauung zu erfahren. Am Sonntag, den 4. September, traf sich die Gruppe von ca. 30 Teilnehmerinnen und Teilnehmern  bei schönstem Wetter mit den Archäologen Rupert Gietl (Arc-Team) und Gianluca Fondriest (Freie Universität Bozen) bei der Drei-Zinnenhütte/Rifugio Locatelli-Innerkofler. In zwei Gruppen führten die Archäologen zur Col di Mezzi Scharte, zur Kuppe Ost mit der Hauptmann Demian Galerie, am Fuße des Toblinger Knoten entlang zum Sextenstein und schließlich zum Paternsattel. An jeweils strategischen Positionen erläuterten sie Ergebnisse ihrer Forschungen im Rahmen des Projekts “In die Landschaft eingeschrieben. Orte, Spuren und Erinnerungen. Der Erste Weltkriegs in den Sextneren Dolomiten“. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer folgten den Kriegs- und Wanderpfaden, machten unter Anleitung Beobachtungen und begingen auch eine Kaverne. Sie konnten die vielfältigen Kriegsspuren in der Landschaft, welche auch nach über einem Jahrhundert noch vorhanden sind lesen lernen.

Geführte Exkursion auf der Dreizinnen-Hochebene, 04.09.22
Geführte Exkursion auf der Dreizinnen-Hochebene, 04.09.22

Fotos aus der Ausstellung In die Landschaft eingeschrieben in Sexten

15.07.2021 Exkursion auf dem Drei-Zinnen-Plateau

Die Exkursion fand im Rahmen des Forschungsprojekts „In die Landschaft eingeschrieben. Orte, Spuren und Erinnerungen. Der Erste Weltkrieg in den Sextner Dolomiten“ (WiL), anlässlich des Beginns der Arbeiten zur Erfassung und Dokumentation der Spuren im Projektgebiet statt. Um die Vermessung in den Sommermonaten planen zu können führten der Konfliktarchäologe Rupert Gietl (Arc-Team) und der Forscher Gianluca Fondriest, begleitet von der Projektleiterin Waltraud Kofler Engl und dem Team der Plattform Kulturerbe und Kulturproduktion eine Begehung des Drei-Zinnen Plateaus für eine erste Sichtung und Quantifizierung der verbliebenen Spuren militärischer Ansiedlungen und Infrastrukturen durch. Schützengräben und Stellungen, in den Fels gehauene Tunnelsysteme, Relikte von Unterkunftsbarracken, eines Seilbahnstützpunktes sowie eines Friedhofs, des Soldatenalltags und der Kampfhandlungen konnten gesichtet werden.

Für die 3D-Dokumentation der baulichen Strukturen wird eine fotografische Methodik verwendet, die auf den Techniken SfM (Structure from Motion) und MVS (Multiple View Stereovision) basiert. Die Daten werden in mehreren Vermessungen mit Hilfe von Differential-GPS (Global Positioning System) und Stationen zur Erfassung von Geolokalisierungsinformationen erfasst. Das Datenmanagement wird über GIS-Anwendungen erfolgen, während mehrere Open-Data-Kartografien helfen, Basiskarten für das Projekt zu entwickeln.

Eine komplexe, von der Zeit gezeichnete Landschaft, in der die Überschichtungen von Natur, Kultur und tragischen Ereignissen von einem endlosen Prozess des Auslöschens und Überschreibens erzählen. Während an einigen Orten die Spuren der Kriegseinsätze von den Naturelementen absorbiert wurden, sind sie an anderen als reale, die Landschaft strukturierende Elemente vorhanden. Mit schmerzhaften und traumatischen Erinnerungen aufgeladen gehören sie zu unserer Wahrnehmung der Landschaft.

Eine der Herausforderung des Forschungsprojekts besteht darin, diese Spuren lesbar und aussagekräftig zu machen, die Arbeit der historischen Analyse und der archäologischen Dokumentation mit der soziokulturellen Erinnerungsarbeit und der partizipativen „Patrimonialisierung“  zusammenzuführen um eine neue Erzählung zu konstruieren, die einem zeitgenössischen Betrachter die Schichtungen und Erinnerungsdimensionen des Krieges in dieser ikonischen Landschaft mit berühmten Gipfeln der Dolomiten vermittelt.

Bewusstsein und Respekt für den Ort, seine Menschen, ihre Geschichte und Erinnerungen vermitteln

Bericht zur Vorstellung des Forschungsprojekts „In die Landschaft eingeschrieben“ im Haus Sexten 26.06.2021 vom Dr. Thomas Benedikter

Das Team und die Partner des Projekts während der öffentlichen Präsentation in Sexten am 26.06.21. Foto Christian Tschurtschthaler
Das Team und die Partner des Projekts während der öffentlichen Präsentation in Sexten am 26.06.21. Foto Christian Tschurtschthaler

Eine beträchtliche Zahl von Interessierten konnte Bürgermeister Thomas Summerer bei der Vorstellung des Projekts „In die Landschaft eingeschrieben. Orte, Spuren und Erinnerungen. Der Erste Weltkrieg in den Sextner Dolomiten“ am vergangenen Samstag, 26. Juni im Haus Sexten begrüßen. Zum Auftakt erzählt Rudolf Holzer, der allbekannte Sextner Dorfchronist, anhand seiner Bildern von den Kriegsereignissen 1915 bis 1918 und der Evakuierung von Sexten.

Der Dolomitenkrieg und seine Folgen seien zwar historisch gut erforscht, betonte Projektleiterin Dr. Waltraud Kofler Engl, aber die Relikte des Gebirgskriegs in den Sextner Dolomiten werden, so wie an anderen Gebirgsfronten, allmählich aber sicher aus der Landschaft verschwinden, müssten erfasst und dokumentiert werden. Die Front, die Zerstörung, Evakuierung und der Wiederaufbau von Sexten haben sich als traumatische Ereignisse nicht nur in die Landschaft, sondern auch in den Ort und ins kollektive und individuelle Gedächtnis der Sextner*innen eingeschrieben. Dies gelte es im Projekt zu erforschen und zu vermitteln. In der Zusammenschau von Quellen in lokalen und nationalen Archiven mit Relikten in der Landschaft und den Zeugnissen im Ort sowie bei partizipativer Beteiligung der Bevölkerung sollen nicht allein bisher unbekannte Aspekte der Kriegszeit, sondern auch die Erinnerungskulturen und das Geschichtsverständnis der Bewohner erfasst werden. Der Austausch mit den Nachbargemeinden im Comelico wird ebenfalls gesucht.

Wie Prof. Stefan Schmidt-Wulffen (unibz) ergänzte, sollen künstlerische Auseinandersetzung sowohl Einheimischen wie Besuchern einen neuen Zugang zum Thema verschaffen.

Geplant sind eine Ausstellung, eine Webseite, eine Fachtagung und Publikation. Geleitet wird das Projekt von der Plattform Kulturerbe und Kulturproduktion der Fakultät für Design und Künste der Universität Bozen in Zusammenarbeit mit dem Verein „Bellum Aquilarum“, dem Tourismusverein Sexten, der „Österreichischen Gesellschaft für Festungsforschung“, dem Ethnologischem Verein Südtirol (EVVA), dem Kriegsmuseum Rovereto. Die Finanzierung kommt aus dem Forschungsfond Research Südtirol/Alto Adige.

Prof. Susanne Elsen von der Fakultät für Bildungswissenschaften (unibz), unterstrich, dass nicht nur das Kriegsgeschehen an der Front, sondern auch das Schicksal der Zivilbevölkerung, der Frauen und Kinder verstärkt in den Blickpunkt gerückt werden müssen. Zusammen mit dem Sozialwissenschaftler Dr. Thomas Benedikter lud sie die Teilnehmenden ein, aktiv zur „erzählten Geschichte“ ihrer Vorfahren beizutragen und sich mit eigenen Wahrnehmungen zu beteiligen. Die Historikerin Dr. Sigrid Wisthaler und Direktorin des Vereins „Bellum Aquilarum“, moderierte die Veranstaltung und stellte den Einsatz des seit 2005 für die Bewahrung und Vermittlung der Kriegsereignisse äußerst aktiven Vereins vor.

„Kulturtourismus sollte Bewusstsein und Respekt für den Ort, seine Menschen und seine Geschichte vermitteln,“ betonte die Vizepräsidentin des Tourismusvereins Judith Rainer, „Es ist wichtig, dass die Gäste erfahren, was sich hier im 20. Jahrhundert abgespielt hat und ihnen verständlich zu machen, warum wir Sextner so sind, wie wir sind.“

Konfliktarchäologe Dr. Rupert Gietl vom Arc-Team stellte mit einem Video die neuesten Methoden zur Feldforschung in schwierigem Gebirgsgelände vor, mit denen im Sommer die materiellen Spuren und militärischen Anlagen im Drei Zinnen-Gebiet eingriffsfrei erfasst werden sollen.

„Wir können uns die damalige verzweifelte Lage unserer Vorfahren gar nicht mehr vorstellen,“ führte zum Abschluss die junge Kulturreferentin Judith Villgrater aus, „Wo vor 100 Jahren Soldaten gekämpft haben, verbringen wir heute unsere Freizeit.“ Es sei nicht nur wichtig, sondern auch spannend und berührend, mehr über die Lebensbedingungen der Urgroßeltern und Großeltern von damals zu erfahren, über die Geschichte der näheren Heimat Bescheid zu wissen und diese besonders der jüngeren Generationen zu vermitteln.“

27.09.20 In die Landschaft eingeschrieben. Orte, Spuren, Erinnerungen. Der Erste Weltkrieg in den Sextener Dolomiten

Freilichtmuseums Erster Weltkrieg, Anderter Alpe. Foto Plattform Kulturerbe und Kulturproduktion

Im Rahmen, der vom Ministerium für Kulturgüter und kulturelle Aktivitäten (MiBACT) ausgerufenen “Tage des Europäischen Kulturerbes 2020” organisierte die Plattform Kulturerbe und Kulturproduktion am Sonntag den 27. September 2020 eine Wanderung zu Orten und Spuren des Ersten Weltkrieges in den Sextner Dolomiten. Die Initiative war Teil des Forschungsprojektes „In die Landschaft eingeschrieben. Orte, Spuren, Erinnerungen. Der Erste Weltkrieg in den Sextener Dolomiten“ (WIL).

Wie Bellum Aquilarum beschreibt war für die österreichisch-ungarischen und deutschen Truppen die Rote Wand als Beobachtungspunkt der feindlichen Stellungen des Comelico sowie als außerordentlich starke Verteidigungsbastion für das Sexten-Tal äußerst wichtig.

Die Kulturwanderung wurde vom Konfliktarchäologen Rupert Gietl, von der Direktorin des Vereins Bellum Aquilarum Sexten und Historikerin Sigrid Wisthaler, dem Vicepräsident des Vereins Pietro Michieli und von Waltraud Kofler Engl, Direktorin der Plattform Kulturerbe und Kulturproduktion der Freie Universität Bozen und Leiterin des Forschungsprojektes begleitet. Sie fand eine breite Teilnahme, darunter von mehreren Dozenten der Freie Universität Bozen.

Freilichtmuseums Erster Weltkrieg, Anderter Alpe. Foto Plattform Kulturerbe und Kulturproduktion

Die Route begann bei der Talstation der Umlaufbahn Rotwand Sexten, wo die Besucher nach Begrüßung und Einführung durch Waltraud Kofler Engl in drei Gruppen geteilt wurden und mit der Bahn die Rotwandwiesen erreichten. Von dort führte der Weg zu verschiedenen Stationen des Freilichtmuseums Erster Weltkrieg und folgte den Spuren und Erinnerungen des Konflikts. Eine Begehung der Kriegslandschaft mit materiellen Relikten und Spuren von Stellungen, Baracken, Seilbahnen, Schützengräben und Kavernen, die in den Felsen und an den Wegen einer der faszinierendsten Gebirgslandschaften Europas kaum noch zu erkennen sind aber bei den Teilnehmern Emotionen weckten. Historische Erinnerungen, persönliche Lebens- und Alltagsgeschichten der Soldaten und der Bevölkerung im Tal wurden referiert und verflochten sich im Gebiet der Anderter Alpe, der Rotwand, der Drei Zinnen und des Einserkofels mit den tragischen Ereignissen des Ersten Weltkrieges und der sich laufend verändernden Dolomitenlandschaft.

Das kontroverse und dissonante Erbe des Ersten Krieges wurde im Sinne der, 2005 vom Europarat verabschiedeten und von der Plattform für Kulturerbe und Kulturproduktion geteilten Richtlinien der Faro-Konvention durch kritische Aneignung zu einer gemeinsamen Bildungserfahrung.

Am Ende der Wanderung wurden die Teilnehmer vom Sextner Bürgermeister Thomas Summerer begrüßt, der sich bei den Organisatoren für die Initiative zur Sensibilisierung der Öffentlichkeit für die Kriegslandschaft der Sextner -Dolomiten bedankte.

Wir danken dem Verein Bellum Aquilarum und Rupert Gietl für die engagierte Begleitung, das der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellte Fachwissen und die jahrelangeErforschung, Dokumentation, Erhaltung und Vermittlung der Relikte der Dolomitenfront des Ersten Weltkriegs in Sexten; Zeugnisse eines tragischen Konflikts, die sich in die Landschaft eingeschrieben haben.

Ein Dank geht zudem an alle, die an der Initiative begeistert teilgenommen haben. Wir freuen uns auf ein Wiedersehen bei weiteren Veranstaltungen.